Historischer Rückblick:

Die Stiftungsbrauerei Emersacker (Teil 2) – „Eismachen am Eisweiher“

Früher gab es keine Kühlanlagen. Um das Bier auch im Sommer kühl zu halten, wurde während der Winterszeit Natureis von dem nahegelegenen Eisweiher beschafft und in den kühlen Eiskellern im Schlossbereich aufbewahrt. Leider gibt es über diese Vorgänge kein Bildmaterial. Zeitzeugen schildern die Vorgänge wie folgt:

In der kalten Winterszeit wurde an mehreren Tagen auf dem Weiher zwischen Emersacker und Lauterbrunn „Eis gemacht“. Mit drei Leiterwägen, die jeweils zwei Pferde zogen, machte man sich auf den Weg dorthin. Auf dem zugefrorenen Eisweiher waren dann 10 bis 12 Männer damit beschäftigt, Eis zu gewinnen. Das Eis wurde in Stücken, die ca. 5 m lang und 3 m breit waren, aus dem zugefrorenen Gewässer geschnitten. Die Eisplatten hatten in der Regel eine Stärke von ca. 15 bis 25 cm. Mit Stangen, an deren Ende eine spitze Hacke angebracht war, wurden die großen und schweren Eisplatten an den Weiherrand gehievt. War das nicht möglich, wurden die Eisschollen mit den Pferden an Land gezogen. Beschwerlich war auch das Beladen der Leiterwägen. An den Eisplatten wurde ein Seil angebracht und die Pferde beförderten über eine Rutsche das Eis auf den Wagen.

Die Lagerung des Eises erfolgte in den hohen Kellern der Brauerei. Am hinteren Teil des Saalgebäudes waren mehrere Öffnungen, durch die das Eis in die kühlen Kellerräume geworfen wurde. Vorher wurde das Eis in Stücken von ca. 10 bis 25 cm verkleinert. In den Kellern wurde das zerkleinerte Eis gleich in Holzformen aufbewahrt. Das hatte den Vorteil, dass im Sommer das Eis sofort griffbereit war, wenn die Gaststätten, neben der Bierlieferung, mit dieser Kühlung versorgt werden mussten. Bei diesen Arbeitsvorgängen durften auch die älteren Schüler und die Jugendlichen mithelfen. Als Lohn bekamen sie eine Brotzeit von der Frau des Pächters der Stiftungsbrauerei.

Problematisch war die Eisgewinnung immer dann, wenn die Straße nach Lauterbrunn zum Eisweiher zugeschneit und mit dem Wagen nicht befahrbar war. In diesem Fall musste der große Holzschlitten des Pächters der Stiftungsbrauerei, vor den die Pferde gespannt wurden, den mühsamen Transport übernehmen. Die Folge war, dass die Eisgewinnung erheblich längere Zeit in Anspruch nahm.

Die Wertinger Zeitung berichtete hierzu am 18. Januar 1953 folgendes:

„Seit einigen Tagen ist der Pächter der Stiftungsbrauerei bemüht, mit mehreren Personen auf dem Eisweiher im Lenzengrund in Emersacker das Eis für die Brauereizwecke für die Sommermonate unter Dach und Fach zu bringen. Emsig wird von früh bis spät von den Eismachern das in diesem Jahr so rare Kühlmittel geschnitten und zum Eisflächenrand gezogen, wo es auf bereitgestellten Fahrzeugen zum Eiskeller der nahen Brauerei geschafft wird. Bei dieser kühlen Sache gab es trotz der kalten Füße einen angemessenen Durst, welcher in der Brauerei gelöscht werden konnte.“

In diesem Zusammenhang noch eine amüsante Geschichte:

Obwohl es in den 1930er Jahren schon Flaschenbierhandlungen in der Gemeinde Emersacker gab, blieben viele Familienväter der alten Tradition treu, ihren häuslichen Bierkonsum in der herkömmlichen Weise zu stillen. Sie schickten einen ihrer Sprösslinge mit einem leeren Maßkrug in die Gaststätte, mit dem Auftrag, drei Schoppen Bier zu holen. Diese Biermenge war bewusst gewählt worden, weil dann immer der Maßkrug fast voll mit Gerstensaft eingeschenkt wurde. Auf diese Schlitzohrigkeit sparte man das Geld für einen Schoppen Bier. Wenn allerdings der „Bierholer“ ein männlicher Jugendlicher war, hielt sich die Ersparnis in Grenzen. Auf dem Heimweg wurde nämlich eine Kostprobe entnommen, die allerdings zu Hause meistens mit einer Ohrfeige belohnt wurde.

Text: Alois Heim

 

Beschäftigte der ehem. Stiftungsbrauerei Emersacker um 1925, Bild: Georg Brummer